ORGANIC-PLUS

Pathways to phase-out contentious inputs from organic agriculture in Europe

Laufzeit: 01.Mai 2018 - 31.Oktober 2022

Im Projekt OrganicPlus haben wir mit insgesamt 24 Projektpartnern (Übersicht unten) aus insgesamt 12 Ländern (9 EU-Länder, 3 benachbarte Länder) nach Lösungen für die Reduzierung oder den Verzicht von umstritten Betriebsmittel gesucht.

Bei diesen Betriebsmitteln handelte es sich u.a. um:

  • Kupfer, Schwefel und Mineralöl im ökologischen Pflanzenschutz.
  • Torf in Anzuchterden und Plastikmulch-Folie im ökologischen Gemüsebau.
  • Synthetische Vitamine, Antibiotika und Einstreu aus konventioneller Herkunft in der ökologischen Tierhaltung.

Die genannten Betriebsmittel sind aufgrund ihrer negativen Umwelt-wirkungen unterschiedlich stark in die Kritik geraten und werden im ökologischen Landbau häufig nur aufgrund fehlender oder nicht ausreichend wirksamer Alternativen weiter eingesetzt.

Die Suche nach Alternativen stellt damit ein wichtiges Ziel für die Entwicklung eines nachhaltigen ökologischen Landbaus dar. Eine Alternative ist dabei jedoch nur dann akzeptabel, wenn sie eine vergleichbare Wirksamkeit bei verringerten negativen Umweltwirkungen aufweist. Gleichzeitig muss die Alternative auf einer breiten Ebene von Betrieben umgesetzt werden können (Praktikabilität) und darf dabei nicht zu teuer sein (im Kauf, der Anwendung oder durch beispielsweise negative Ertragseffekte).

Die Reduzierung bis hin zum Verzicht der umstrittenen Betriebsmittel ist für alle ökologisch wirtschaftenden Betriebe von Interesse, auch wenn einige Mittel (z.B. Kupfer) für biodynamische Betriebe eine geringere Rolle spielen.

Wir haben verschiedene Lösungsansätze untersucht und bewertet um eine Entscheidungshilfe zur Auswahl von Alternativen zu liefern. Die Reduzierung dieser Betriebsmittel durch geeignete, nachhaltige Lösungen führt letztlich zu einer Stärkung des europäischen Ökolandbaus als wettbewerbsfähige, nachhaltige Branche mit Wachstumsmöglichkeiten und Zukunft.

Das Projekt untergliederte sich in insgesamt 6 Arbeitsgruppen auf. Das Arbeitspaket „Pflanze“ fokussierte sich dabei auf Kupfer, Schwefel und Mineralöl. Das Arbeitspaket „Boden“ legte den Fokus auf Torf in Anzuchterden und Plastikmulch-Folie und das Arbeitspaket „Tier“ hatte synthetische Vitamine, Antibiotika und Einstreu aus konventioneller Herkunft als Hauptthema. Die Ergebnisse aus diesen drei Arbeitsgruppen flossen in die das Arbeitspaket „Modellierung“ ein. Diese Gruppe bewertete in Ökobilanzen und Nachhaltigkeitsanalysen die gefundenen Alternativen gegenüber den genannten umstrittenen Betriebsmitteln. Daneben gab es das Arbeitspaket „Impact[K1] “, dessen Hauptaufgabe der Wissenstransfer war. Ein weiteres Arbeitspaket beinhaltete die allgemeine Projektkoordination.

In der ersten Projektphase ermittelten die Arbeitsgruppen „Boden“, „Pflanze“ und „Tier“  zunächst wie sich der Einsatz der verschiedenen Betriebsmittel (insb. im Pflanzenschutz) in den verschiedenen europäischen Ländern unterscheidet (Menge, Häufigkeit). Parallel haben wir eine Online-Umfrage bei insgesamt 15.000 Konsument:innen in Frankreich, Deutschland, Italien, Norwegen, Polen, Spanien und Groß-Britannien durchgeführt. Hauptziel der Umfrage war es, mehr über die Bedenken der Konsument:innen gegenüber umstrittenen Betriebsmitteln zu erfahren und herauszufinden, welche Themen sie für die Weiterentwicklung des ökologischen Landbaus für wichtig halten.

In der nächsten Projekt-Phase wurden Alternativen zu den umstrittenen Betriebsmitteln gesucht. Die vielversprechendsten Alternativen wurden anschließend auf ihre Eignung getestet. Dabei ging es zum einen um deren Wirksamkeit im tatsächlichen Einsatz.

Hierzu wurden verschiedene wissenschaftliche Untersuchungen zu alternativen Düngern, selbstzersetzenden Plastikmulch-Folien und zur Aufbereitung von Holzfasern und die Eignung anderer Substrate als Torfersatz durchgeführt sowie zu Ersatzprodukten in der Erhaltung der Tiergesundheit.

In einem partizipativen Ansatz hatten Betriebe, die bereits alternative Lösungsansätze anwenden, die Möglichkeit ihre Arbeitsweise und ihre Erfahrungen in einem kurzen Interview mit interessierten Kolleg:innen zu teilen.

In den teilnehmenden Ländern wurden unterschiedliche Informationsveranstaltungen zu den Projektthemen durchgeführt (Feldtage, Workshops für Landwirt:innen und auf der BIOFACH 2022…).

Darüber hinaus wurde das Nachhaltigkeitsbewertungsinstrument RISE eingesetzt um darzustellen, wie nachhaltig die Betriebe sind, die bereits mit alternativen Lösungsansätzen arbeiten. Parallel beschäftigte sich eine Arbeitsgruppe mit der Frage wie die Ökobilanz der vorgestellten Alternativen gegenüber den „Klassikern“ ist und ob die Alternativen tatsächlich eine Verbesserung auf dieser Ebene darstellen.

Der Forschungsring war hauptsächlich beteiligt an Umfragen, der Nachhaltigkeitsbewertung deutscher Betriebe mit RISE, der Erstellung von Betriebsinterviews und der Organisation eines Workshops auf der BIOFACH-Konferenz in 2022.

Projektergebnisse

Kupfer, Schwefel und Mineralöl in den wichtigsten Kulturen im deutschen Ökolandbau

Die Richtlinien der ökologischen Anbauverbände in Deutschland reduzieren die Höchstmenge der Kupferapplikation auf 3 kg/ha/Jahr (4 kg bei Hopfen). In der aktuellen nationalen Zulassung von Kupferverbindungen in Deutschland ist der Einsatz von Kupfer auf die gleichen Mengen (3-4 kg/ha/Jahr) beschränkt. Mitglieder des Demeter-Verbandes dürfen außer in Dauerkulturen (z.B. Wein, Obst u.a.) kein Kupfer einsetzen.

Die Umfrage bei Betrieben und der Beratung zeigte, dass deutsche Betriebe im Kartoffelanbau in den letzten Jahren meist zwischen 1,4 und 1,9 kg Kupfer/ha applizierten.

Nur wenige Landwirte nutzten die zulässige Höchstmenge an Kupfer. Im Weinsektor wurden in 2011 ca. 15% der untersuchten Fläche mit mehr als 2,5 kg/ha behandelt. In den Jahren 2012 und 2013, als die Witterungsbedingungen ungünstiger waren, hat sich diese Fläche auf etwa 30 % mehr als verdoppelt. Im Obstsektor schwankt die mit mehr als 2,5 kg/ha/Jahr behandelte Fläche ebenfalls. In der Regel werden etwa 10 % oder weniger der Fläche behandelt. Die Menge des ausgebrachten Kupfers hängt stark vom jeweiligen Jahr ab.

Aus der Erfahrung mit Demeter-Kartoffelbauern lässt sich feststellen, dass sie Kupfer einsetzen würden, wenn es die Demeter-Richtlinien erlauben.

Zu Schwefel und Mineralöl liegen nicht viele Daten vor, und die Rückmeldungen waren gering. In Bezug auf Mineralöl lässt die Rückmeldung der Berater:innen jedoch den Schluss zu, dass dessen Verwendung in den jeweiligen Regionen/bei den jeweiligen Kulturen kaum von Bedeutung zu sein scheint.

Der EU-weite Vergleich zeigte, dass sich Deutschland beim Einsatz von Kupfer und Mineralöl im unteren bis mittleren Feld bewegt. Demgegenüber haben diese Betriebsmittel im mediterranen Raum eine vergleichsweise höhere Bedeutung. Dänemark nimmt im Kupfereinsatz eine Vorreiterrolle ein da dort kein Kupfer im Ökolandbau zugelassen ist (Kein kommerzielles kupferhaltiges Produkt zugelassen).

Öko-Konsument:innen sind besorgt

Die Verbraucher:innen-Befragung zur die Besorgnis über umstrittenen Betriebsmittel im Ökolandbau ergab, dass diese hauptsächlich Antibiotika und Kupfer gilt. Sie waren auch besorgt über die Verwendung von Plastik, insbesondere als Verpackung für Bio-Produkte im Einzelhandel. Die Umfrage zeigte auch, dass Verbraucher:innen, die häufig ökologische Lebensmittel konsumieren, grundsätzlich besorgter waren als der Durchschnitt und in größerem Umfang ein Verbot oder strengere Vorschriften für die Verwendung umstrittener Betriebsmittel wünschten. Bei den „Durchschnittsverbraucher:innen“ hatte ein größerer Anteil der Befragten keine Meinung zu den Themen oder stark variierende Meinungen z.B. wenig Besorgnis gegenüber Plastikverpackungen aber hohe Besorgnis gegenüber Torfeinsatz.

Erste Schritte auf einem langen Weg

Die Ergebnisse aus den Feldversuchen, Nachhaltigkeitsanalysen und Ökobilanzen sind vielfältig. Es zeigte sich jedoch deutlich, dass für einige der Betriebsmittel noch weiter nach akzeptablen Alternativen gesucht werden muss während andere sich leichter ersetzen lassen. So gibt es vielversprechende Lösungsansätze für den Verzicht auf Einstreu oder Dünger aus konventionellen Quellen. In Groß-Britannien wird auch der Verzicht auf Torf in der Pflanzenanzucht als einfach realisierbar eingeschätzt. Demgegenüber muss weiter an einem passenden Ersatz für Kupfer gesucht Auf der Projekthomepage (https://organic-plus.net/) können zahlreiche Merkblätter, Zusammenfassungen von Workshops und die Betriebsinterviews heruntergeladen werden. Weitere Publikationen im Rahmen des Projektes können unter http://orgprints.org/view/projects/OrganicPlus.html eingesehen werden. Da es sich um ein internationales Projekt handelte sind die meisten Berichte in Englisch verfasst. Bei Verständnisfragen zu einem Thema stehen wir gerne zur Verfügung.

Lessons learnt

Eine große Herausforderung, insbesondere bei der Sammlung von Daten besteht in der Einbindung von Praktiker:innen und der Beratung. Insbesondere in Deutschland sorgt die Vielzahl von Forschungsprojekten im Ökolandbau (die wünschenswert ist) für einen großen Andrang auf deren Mitwirkung. Wenn Ergebnisse erzielt werden sollen, die einen hohen Praxisbezug haben, ist die enge Zusammenarbeit mit der Praxis unverzichtbar. Es besteht die Aufgabe eine Zusammenarbeit zu erreichen ohne die Teilnehmer:innen zu überlasten. Entsprechende Lösungsansätze sind daher aktuell ein Fokus bei der Planung von Praxisforschungs-Projekten.

Nächste Schritte

Die vielversprechende Alternativen müssten nun in der Praxis eingehend getestet werden um deren Effekte (Praktikabilität, ökonomische und ökologische Effekte) auf breiter Ebene zu untersuchen.

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